Homeoffice & Arbeitszeit: Wie frei ist man in der Einteilung?
Zuhause arbeiten, das klingt für viele Arbeitnehmer nach großer Freiheit. Sie sparen Zeit, weil der Arbeitsweg deutlich kürzer wird. Auch die scheinbar freie Zeiteinteilung macht das Homeoffice für viele attraktiv. Aber können Angestellte die heimische Arbeitszeit wirklich völlig frei gestalten? Wann und wie lange müssen sie verfügbar sein? Und wie sieht es mit Pausen und dem wohlverdienten Feierabend aus?
Hier finden Sie die Antworten auf wichtige Fragen, die sich viele Arbeitnehmer und manche Arbeitgeber übers Homeoffice stellen.
Homeoffice Verbreitung nimmt zu
Homeoffice-Arbeit nimmt zu – nicht nur wegen der Corona-Pandemie. Die COVID-19 Krise hat viele Mitarbeiter ins Homeoffice „befördert“.
- Laut einer Studie der Universität Mannheim arbeitete im April 2020 etwa jeder vierte Beschäftigte am heimischen Schreibtisch – nicht nur ab und zu, sondern fast an jedem Arbeitstag.
- Arbeitnehmer sollen vor Infektionen geschützt und Betriebsschließungen vermieden werden. Deshalb haben auch Betriebe, bei denen Homeoffice vor der Pandemie noch nicht so verbreitet war, schnell die technische Infrastruktur erweitert.
- Business Laptops wurden massiv nachgefragt. Den Umgang mit Videokonferenz-Systemen lernten viele Nutzer schnell.
Flexibilität zugunsten oder zulasten der Arbeitszeit?
Angesichts der Krise beweisen viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber große Flexibilität. Ein großer Teil der betrieblichen Wertschöpfung, insbesondere im kaufmännischen, verwaltenden oder im IT-Bereich, kann von Mitarbeitern auch zuhause erbracht werden.
Beim Meistern der organisatorischen und fachlichen Herausforderungen blieb eins jedoch häufig auf der Strecke: die Regelung der Arbeitszeiten. Die ist sehr wichtig.
- Denn betriebliche Abläufe und die Kommunikation müssen weiter funktionieren, damit das Unternehmen erfolgreich sein kann.
- Und die Angestellten müssen auch im Homeoffice vor Überforderung geschützt werden.
Darf ich mir die Arbeitszeit im Homeoffice selbst einteilen?
- Arbeitsrechtlich nein. Wenn der Arbeitgeber beispielsweise Kernarbeitszeiten im Betrieb vorgibt, die wichtig für die Wertschöpfung des Unternehmens sind, können diese Zeitvorgaben auch im heimischen Büro gelten.
- In der Praxis ist die Antwort aber meist: Ja. Mittlerweile hat sich bei vielen „Heimarbeitern“ und ihren Arbeitgebern eine große Flexibilität eingebürgert. Und so lange die Mittagspause nicht mit Terminen kollidiert ist es kein Problem.
Viele Unternehmen haben ein Interesse daran, dass ihre Mitarbeiter die Homeoffice-Arbeit flexibel einteilen. Wenn die Arbeitnehmer durch flexible Arbeitszeiten Beruf, Kinderbetreuung, Homeschooling oder Haushalt sowie Freizeit und Erholung besser in Einklang bringen können, profitieren alle. Die Angestellten sind langfristig motiviert, loyal und leistungsfähig.
Welche Regeln gelten im Homeoffice?
Grundsätzlich gelten die gleichen Regeln, die auch die Arbeitszeit im Betrieb betreffen:
- Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt tägliche Arbeitszeit, Ruhephasen und -tage, Pausen uvm.
- Tarifverträge der Branche, wenn sie für den jeweiligen Betrieb gelten
- Verordnungen wie die Bildschirmarbeitsverordnung (Bildschirmpausen auch einlegen!)
- Einzelne Betriebsvereinbarungen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter/Betriebsrat des Unternehmens miteinander vereinbart haben
- Weitere Bestimmungen je nach beruflicher Tätigkeit, zum Beispiel berufsgenossenschaftliche Regelungen zum Arbeitsschutz
Muss ich mich nach der normalen Kernarbeitszeit richten?
Grundsätzlich ja, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Schließlich bezahlt er die geleisteten Arbeitszeiten auch, unabhängig davon, ob sie zuhause oder im Betrieb anfallen.
In der Praxis haben sich jedoch sehr flexible Modelle bewährt, siehe oben.
Bei welchen Punkten gibt es einen Spielraum, bei welchen nicht?
„Gleitzeit“ und individueller Arbeitsbeginn und -ende wird häufig im Betrieb und im Heimbüro praktiziert.
Zudem können aktuelle Sondersituationen wie die Corona-Krise Spielraum bieten. Dann könnten sich im Homeoffice arbeitende Eltern vormittags nach Absprache mit dem Arbeitgeber der Kinderbetreuung und dem Homeschooling widmen.
Muss ich die Zeit erfassen? Wenn ja, wie?
Ja. Der Arbeitgeber kann und sollte das verlangen. Mit modernen, webbasierten Zeiterfassungssystemen oder alternativ einem vom Arbeitnehmer geführten Arbeitszeit-Tagebuch ist es einfach, Arbeitsbeginn und -ende zu erfassen.
- Die Zeiterfassung ist nicht nur wichtig, um die geleisteten Arbeitsstunden sowie eventuelle Überstunden zu dokumentieren und die Arbeitszeiten ausrechnen zu können.
- Das Erfassen ist auch wichtig, um sicherzugehen, dass sich Mitarbeiter nicht überfordern, wenn sie zum Beispiel nach Feierabend Mails beantworten oder nächtelang an einer Präsentation arbeiten.
Zeiterfassung kann vor arbeitsbedingtem Frust und Krankheit schützen. Durch eine eindeutige Dokumentation der Arbeitszeiten stellen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sicher, dass Arbeitszeitgesetz, Pausenregelungen, Tarifverträge oder auch berufsgenossenschaftliche und weitere Bestimmungen eingehalten werden.
Kann ich Mittagspause machen wann ich will?
Nein – auch hier gelten betriebliche Vorgaben. Diese wiederum müssen natürlich die arbeitszeitrechtlichen Aspekte berücksichtigen. Zum Beispiel sind ab sechs Stunden Arbeit (im Betrieb oder zuhause) 30 Minuten Pause vorgeschrieben.
Wie lange muss ich erreichbar sein?
Nur, weil ich zuhause arbeite, heißt das nicht, dass ich permanent verfügbar sein muss.
Gerade, weil die Trennung von Arbeit und Privatleben im Homeoffice besonders schwer ist, sind wirklich arbeitsfreie Zeiten wichtig. Sonst drohen Überforderung, Leistungsverlust oder sogar ein Burn-Out. Grundsätzlich gilt, dass ich nur während der arbeitsrechtlich vereinbarten und zulässigen Arbeitszeit erreichbar sein muss. Diese Arbeitszeit kann auch eventuell vereinbarte (und ebenfalls vergütete) Bereitschaftszeiten umfassen.
Tarifvertragliche Regelungen können, je nach Branche und Unternehmen, die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes ergänzen.
Als Arbeitnehmer sollte ich also außerhalb der Arbeits- und Bereitschaftszeiten konsequent das Smartphone und den Laptop ausschalten. Dazu gehört auch, auf dem privaten Handy keine Firmen-E-Mails mehr zu checken – auch, wenn es manchmal verlockend ist.
Und das kann der Arbeitgeber auch technisch erzwingen – zum Schutze seiner Mitarbeiter:
- Moderne Arbeitgeber schützen ihre Arbeitnehmer vor einer Entgrenzung der Homeoffice-Arbeitszeit.
- Sie untersagen zum Beispiel freiwillige heimische Nachtarbeit oder unterbrechen die E-Mail-Zustellung oder die Software-Nutzung an Wochenenden.
- Zudem achten alle Beteiligten beispielsweise darauf, nur Telefon- oder Videokonferenztermine nur innerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten anzusetzen.